Kein Kaffee, kein Zucker, alles vegan – hält man das durch?

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Digitaler Detox, drei Mal täglich Yoga und Meditation für tieferen Schlaf: Unsere Autorin verbrachte neun Tage in einem Yoga Retreat. Wie man diesen Lebensstil auch zu Hause in den Alltag integrieren kann.

In diesem französischen Retreat geht es nicht um hübsche Instagramposen, sondern darum, mit dem Körper wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Aber was passiert danach?

In diesem französischen Retreat geht es nicht um hübsche Instagramposen, sondern darum, mit dem Körper wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Aber was passiert danach? Urlaub in Frankreich ist in der Wunschvorstellung unweigerlich mit gutem Wein, Baguette, Käse und süßen Eclairs zum Dessert verbunden. Nicht bei diesem Retreat. Denn wer sich zu diesem Yogaprogramm südlich von Lyon anmeldet, das ganz unter dem Motto „Reconnect“ steht, wird keines dieser Dinge erleben. Im abgelegenen Bergdorf Les Bergerons gilt neun Tage strikt die Devise: vegan essen, barfuß laufen, keinen Alkohol trinken und zuckerfrei leben. Auch digital wird hier gedetoxt. Ob man will oder nicht, denn ohnehin hat man nur unsteten Empfang in dem Ort. Die erste Yogastunde beginnt mit Sonnenaufgang, und der Tag wird beendet, indem man den Körper dank Meditation bereits um 21.30 Uhr in den tieferen Schlaf schickt.

Die Berliner Yogatrainerin Monika Vogerl hat das Retreat mit ihrer holländischen Coachpartnerin Nina Tutein Nolthenius gestartet, um gestressten Stadtmenschen den gesunden Umgang mit ihrem Körper, ihren Emotionen, ihrer Gesundheit und der Natur zu vermitteln. Kurz gesagt, ein Detox-Bootcamp in romantischer Bergdorfidylle.

So taff das erstmal klingen mag, so natürlich kommt man nach ein paar Tagen im Selbstheilungsmodus an. Am Abreisetag ist nicht nur der Körper straffer, die Haut reiner und die Verdauung stimuliert, auch resultieren der gesunde Lebensstil und die täglichen Reflektionshausaufgaben in einem ausgeglichenen emotionalen Haushalt. Wer zuvor im Alltag unter Panikattacken oder Schlaflosigkeit leidet, hat hier seinen Zen gefunden.

Dehnen, Entspannen und richtiges Atmen in den Yogaklassen, die drei Mal am Tag stattfinden

Dehnen, Entspannen und richtiges Atmen in den Yogaklassen, die drei Mal am Tag stattfinden

Quelle: MV

Der Gedanke kommt jedem der zehn Kursteilnehmer: Wie schön wäre es, wenn man diesen neuen, ausbalancierten Lebensstil im Alltag beibehalten könnte. Natürlich ist das außerhalb des Yoga-Vakuums, ohne Köchin, Trainer und Gruppendynamik, schwieriger umzusetzen. Aber die Mitgründerin des Programms, Mona Vogel, hat einige Tipps für mehr Selbstdisziplin im Alltag und um mehr Yoga, vegane Ernährung und Alternativen zu Kaffee und Süßigkeiten in den Tagesablauf zu integrieren. „Das Wichtigste ist zuallererst, dass man von dem neuen Lebensstil überzeugt ist. Wenn man sich zu etwas zwingt und es eigentlich gar nicht will, wird man ziemlich sicher scheitern“, sagt die Yogatrainerin zur Zeit nach dem Retreat. Darum sollte man ihrer Meinung nach auch, wenn man die Umgewöhnungsphase während des Programms durchgestanden hat, direkt im Anschluss weitermachen.

Vegane Ernährung

Der Speiseplan: zum Frühstück Fruchtbowls, mittags vegane Salate und abends Gemüsesuppe

Der Speiseplan: zum Frühstück Fruchtbowls, mittags vegane Salate und abends Gemüsesuppe

Quelle: GvB

„Jede Angewohnheit lässt sich mit dem Rauchen vergleichen. Es gibt manche Ex-Raucher, die danach nur Partyraucher sein können. Genauso gibt es Fleischesser, die danach auch nur an manchen Tage vegan oder vegetarisch leben können“, sagt Mona Vogel. Wer sich also mit der Disziplin schwertut, sollte lieber konsequent vegan leben. Dabei muss man nicht auf eine ausgewogene Ernährung verzichten, denn vegan leben heißt heute nicht mehr ausschließlich grünen Salat essen zu können. „Wenn man etwas Rohes isst, besser nur mittags. Dann kann es der Körper am besten verdauen. Am Abend sollte man etwas Warmes essen, wie Suppen oder Eintöpfe“, so Vogel. Wer Inspirationen für gesunde Rezepte sucht, findet diese zum Beispiel auf den Websites „Vegan Yack Attack“ oder „Minimalist Baker“.

Wer im Alltag in einer sehr fleischlastigen Kantine zu Mittag essen muss, kann sich in Zukunft sein Mittagessen gemäß des „Meal-Prep“-Trends vorher zubereiten. „Wenn man den Lunchtermin nicht vermeiden kann, wählt man am besten ein asiatisches Restaurant, da findet man immer etwas Veganes oder zumindest Vegetarisches.“ Ein weiterer gesundheitsförderlicher Nebeneffekt der veganen Ernährung ist, sich neben Salz auch an ausgefalleneren Gewürze wie Kurkuma, Kreuzkümmel, Kardamom oder Safran zu probieren, um das Essen abwechslungsreicher zu machen. Denn bereits während der neun Tage im Retreat wurde den Teilnehmern deutlich, dass die Geschmacksnerven durch das Fehlen von Fleisch wieder empfindlicher wurden und man weniger Salz verwenden musste, dem ebenfalls ein gesundheitsschädlicher Ruf nachhängt.

Auf weißen Zucker verzichten

Naturbelassene Lebensmittel zu verwenden und Konserven, vorbehandelte, gezuckerte Zutaten sowie raffinierten Zucker zu vermeiden waren weitere Voraussetzungen für die Mahlzeiten im Retreat. „Im Alltag kann man Agavendicksaft oder Kokossirup verwenden, um weißen Zucker zu umgehen“, empfiehlt Mona Vogel. Diese sind nicht nur bekömmlicher für den Körper, sondern haben auch eine höhere Süßkraft und weniger Kalorien als der herkömmliche Zucker. Wer nicht vegan, aber vegetarisch süßen möchte, kann auch Honig nehmen. Wer seinen Körper für natürliche Süße besonders sensibilisiert hat, der kommt auch mit Fruchtzucker aus: „Wenn man im Rahmen der veganen Ernährung morgens zum Beispiel einen Porridge kocht, statt das beliebte Frühstücksbrot zu essen, kann man diesen auch mit Datteln oder reifen Bananen süßen.“

Alternativen zum Kaffee

Die ersten drei Tage klagten einige der Teilnehmer über Kopfschmerzen, geschuldet dem Kaffeeentzug. „Kaffee ist eine Falle. Denn er kickt die Energie zwar kurz hoch, aber danach fällt man in ein viel tieferes Loch als zuvor“, erklärt die Yogatrainerin. Statt am Morgen einen Latte Macchiato zu trinken, empfiehlt sie grünen Tee. „Der ist bekömmlicher für den Körper und macht auch wach.“ Mittlerweile gibt es auch einige weitere gesunde Alternativen mit Koffein, wie zum Beispiel Kakaogetränke mit Wachmacher-Effekt. „Mate-Tee ist auch gut. Aber nicht mit Club Mate, der Limonade, verwechseln“, fügt sie hinzu.

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Quelle: gvb

Mehr Yoga und Bewegung im Alltag

Auch wenn man theoretisch weiß, dass Yoga gut für den Körper ist, findet man in der Praxis oft Ausreden, warum man nach oder vor dem Büroalltag die Yogaklasse ausfallen lässt. Im Retreat war es vor allem die Gruppendynamik, die einen morgens aus dem Bett gebracht hat. Darum ist es ein Tipp, dass man sich mit Freunden verbindlich zum Yoga verabredet, damit der Druck größer ist, nicht abzusagen. Aber geübte Yogis müssen nicht immer ins Studio gehen, vor allem für Eltern hat Mona Vogel einen Tipp: „Yoga eignet sich vor allem für Mütter, die ein kleines Kind haben und viel zu Hause bleiben müssen. Lege dein Kind auf die Matte und mache deine Übungen. Wenn das Kind etwas hat, kannst du Pausen einlegen.“ Auch muss es laut Vogel nicht zwingend jeden Tag Yoga sein, damit man sich bewegt: „Wenn du gerne tanzt, dann stehe morgens auf und tanze fünf Minuten. Das kann auch ein motivierender Start in den Tag sein“.

Detox im Hinterland: Im Juni und September finden das "Reconnect"-Programm in dem französischen Bergdorf statt

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Weniger Zeit am Bildschirm

Im Retreat waren die Teilnehmer angehalten, weniger Zeit an Handy und Laptopzu verbringen und es so oft wie möglich auszuschalten. „Schaut man auf den Bildschirm, ist man abgelenkt und nicht mehr im Hier und Jetzt“, erklärt Mona Vogel die Intention dahinter. „Man soll sich daran gewöhnen, dass morgens nicht der erste Griff nach dem Aufwachen das Handy ist. Stattdessen sollte man eine andere Morgenroutine etablieren. Selbst wenn diese nur fünf Minuten dauert, während man in Ruhe seinen Tee trinkt und sich bewusst Zeit zum Zeitunglesen nimmt.“ Wer sich selbst als Handyjunkie sieht, kann außerdem bei den meisten Smartphones seinen Bildschirm auf Schwarz statt Weiß als Menüfarbe umstellen, was bereits psychologisch weniger anziehend für den Nutzer wirkt. „Beim Schlafen sollte man das Handy in den Flugmodus stellen und schon mindestens 30 Minuten vor dem Einschlafen nicht mehr auf den Bildschirm geschaut haben.“

Besserer Schlaf durch Ernährung und Meditation

Denn tiefer Schlaf ist der wichtigste Teil des Schlafzyklus. Er sorgt dafür, dass sich unser Gehirn, der Körper, aber auch unsere Haut wieder regenerieren. Aber es ist nicht nur die Bildschirmzeit, die sich darauf auswirkt, sondern auch die Ernährung – beziehungsweise die Menge, die man zu sich nimmt. Nachts sollte der Magen nicht überfüllt sein, und man sollte zum Abendessen auf leicht Verdauliches wie püriertes Gemüse setzen und Rohkost meiden: „Man sagt im Ayurveda, dass man pro Mahlzeit nie mehr essen sollte, als in beide Handflächen passt“, rät Vogel. „Im Magen sollte ein Drittel Nahrung, weniger als ein Drittel Flüssigkeit und der Rest frei sein.“ Im Retreat wurde dem gesünderen Schlafrhythmus vor allem mit Meditation und Yoga Nidra nachgeholfen. Wer zu Hause keine Apps wie Headspace oder Calm benutzen möchte, der kann auch einfach auf seinen Atem achten, diesen verlangsamen und sich damit entspannen: „Das typische Mantra ist ‚Lass los‘. Also, beim Einatmen ‚Lass‘ und beim Ausatmen ‚los‘ zu denken. Das hat den gleichen psychologischen Effekt wie Schäfchen zählen. Etwas zu wiederholen schaltet den Kopf aus.“

Machte ihre Yogaausbildung in Indien, arbeitet heute als Life Coach und ist Expertin für spirituelle Arbeit: Mona Vogel aus Berlin

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Quelle: MV, Die Welt.

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